Der Einsatz von ILF-Neurofeedback bei Parkinson - Hintergründe und Fallstudien
Im Rahmen der Studie - Managing intractable symptoms of Parkinson’s Disease: A nonsurgical approach employing infralow frequency neuromodulation - argumentieren die Autoren, weshalb ILF Neurofeedback positive Auswirkungen auf die Symptome von Parkinson haben kann. Außerdem werden drei Fallbeispiele erläutert.
Legarda, S.B.; Michas-Martin, P.A.; McDermott, D. (2022): Managing intractable symptoms of Parkinson’s disease: A Nonsurgical approach employing infralow frequency neuromodulation. Frontiers in Human Neuroscience, 16:894781.
Die vollständige Studie können Sie hier lesen.
Einführung
Die Prävalenz von Parkinson ist in den letzten Jahren gestiegen. (Garcia-Ruiz/ Espay 2017). Kennzeichnend für Morbus Parkinson im Frühstadium sind eine Hyposmie (Störung des Geruchssinns) sowie Obstipation (Verstopfungen). Den klassischen Trias für eine Parkinson Erkrankung bilden Tremor, Rigor und Akinese. Der Tremor beschreibt ein zunehmend unkontrolliertes Zittern in Ruhephasen, der Rigor stellt eine muskuläre Steifheit dar und die Akinese nimmt Bezug auf eine stetig zunehmende Bewegungsarmut, welche sich in langsamen und erschwerten motorischen Abläufen zeigt. Dem progressiven Verlauf der Erkrankung geschuldet, nimmt die Krankheitslast der Betroffenen konsequent zu. Patient:innen zeigen eine zunehmend instabile Körperhaltung, Störungen der Bewegungskoordination sowie ein auffälliges Gangbild. Weitere Symptome sind Artikulationsstörungen sowie ausdruckslose Gesichter der Patient:innen (O’Keefa et al. 2011).
Die zunehmende Prävalenz der Parkinson Erkrankung kann u.a. auf die steigende Lebenserwartung und die besseren Überlebenschancen der Betroffenen durch medizinisch-technologische Innovationen zurückgeführt werden. Körperliche Betätigung fördert die Freisetzung neuroprotektiver Botenstoffe im Gehirn. Im Vergleich zu unseren Vorfahren ist die körperliche Betätigung der Menschen jedoch enorm gesunken. Unter anderem stellen Medikation oder der chirurgische Weg der tiefen Hirnstimulation (DBS) Möglichkeiten der Behandlung dar.
ILF-Gehirntraining bei Morbus Parkinson
Legarda et al. nennen außerdem as ILF-Gehirntraining als eine nicht-pharmakologische und nicht-operative Option zur Therapie der motorischen Symptome. Mit dieser Form des Neurofeedbacks können ebenfalls kognitive Komorbiditäten, wie z.B. Aufmerksamkeitsstörungen, Angstzustände, Gedächtnisverlust, etc., adressiert werden. Des Weiteren gehen die Autor:innen davon aus, dass neben einer gesteigerten Belastbarkeit des Gehirns auch posturale Instabilitäten durch das ILF-Neurofeedback Training verbessert werden können.
Den innovativen Charakter erhält das ILF-Training dadurch, dass es überwiegend die subkortikalen Netzwerke anvisiert, um neuromodulatorische Effekte in Richtung einer Homöostase anzuregen und erfordert demnach keine bewusste Anstrengungen, welche bei traditionellen Neurofeedback-Methoden erforderlich sind. Auf diese Weise fördert das ILF-Gehirntraining die “Automatisierung motorischer Systeme” auf natürliche Weise. Die Patient:innen vernehmen positive Auswirkungen unmittelbar nach der ersten Trainingseinheit, welche ca. 48-72 Stunden anhalten. Nichtsdestotrotz seien regelmäßige Trainingseinheiten erforderlich, um die erzielten Trainingseffekte sowie die verringerte Symptomlast zu konsolidieren.
Fallstudien
Um darzustellen, wie ILF-Neurofeedback Personen mit einer diagnostizierten Parkinson Erkrankung helfen kann, stellen die Autor:innen weiterhin drei Fallbeispiele von Patient:innen dar:
Das erste Profil präsentiert eine 77-jährige Frau, die aufgrund enormer Gehschwierigkeiten und unkontrolliertem Zittern zur Mobilisierung eine Gehhilfe benötigt. Nachdem sie insgesamt 40 ILF-Neurofeedback-Sitzungen absolviert hat, haben sich sowohl ihr Tremor als auch ihre Gehschwierigkeiten reduziert.
Die zweite genannte Person ist eine 63-jährige Hochschullehrerin mit Sprech- und Schluckstörungen. Ihre Symptome konnte sie durch eine konsequente Sprachtherapie gut kontrollieren. Innerhalb der nächsten 10 Jahren entwickelte sie allerdings sowohl einen Tremor als auch eine ausgeprägte Dysgraphie, weswegen eine medikamentöse Therapie eingeleitet wurde. Nachdem sie mit dem ILF-Gehirntraining begonnen hatte, konnte eine Verbesserung der Schreibfähigkeiten festgestellt werden. Nach 50 Neurofeedback-Sitzungen konnte sie die Verbesserungen ihrer Schreibfähigkeiten selbstständig erhalten.
Das dritte Patientenprofil präsentiert den Fall eines 76-jährigen Rechtsanwalts, welcher aufgrund einer zerebralen Amyloidangiopathie eine Hirnblutung erlitten hat. Durch eine medikamentöse Behandlung konnte der Patient gut eingestellt werden. Im Laufe der nächsten fünf Jahre verschlechterte sich sein Zustand zunehmend und er wurde immobil und war vollständig auf einen Rollstuhl angewiesen. Nachdem er mit Neurofeedback angefangen hat, konnte er sich mit Hilfe von Gehhilfen fortbewegen. Durch eine regelmäßige Teilnahme an Neurofeedback Sitzungen, soll eine Konsolidierung der erlernten Effekte angestrebt werden.
Quellen:
Booth, H., Hirst, W., and Wade-Martins, R. (2017). The role of astrocyte dysfunction in Parkinson’s disease pathogenesis. Trends Neurosci. 40, 358–370. doi: 10.1016/j.tins.2017.04.001
Garcia-Ruiz, P., and Espay, A. (2017). Parkinson disease: an evolutionary perspective. Front. Neurol. 8, 157. doi: 10.3389/fneur.2017.00157.
DeMaagd, G., and Phlip, A. (2015). Parkinson’s disease and its management. Pharm. Therap. 40, 504-510, 532.
O’Keefea, J., Vogelb, R., Laviec, C., and Cordain, L. (2011). Exercise like a huntergatherer: a prescription for organic physical fitness. Prog. Cardiovasc. Dis. 53, 471–479. doi: 10.1016/j.pcad.2011.03.009.