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“Eltern (...) berichten mir, dass Neurofeedback ihrem Kind im Alltag hilft” - Ein Interview mit der Stiftung Kind und Autismus

01. April 2022

In einem Gespräch mit Frau Hildebrand, Leiterin des Kurswesen step-by der Stiftung Kind und Autismus, hat sie uns nicht nur mehr über die Stiftung und deren Kurswesen erzählt, sondern auch unsere Fragen zu Neurofeedback vor allem im Zusammenhang mit Autismus bei Kindern beantwortet. 

Liebe Frau Hildbrand, vielen herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Was genau macht die Stiftung Kind und Autismus?

 

Die Stiftung Kind und Autismus ist das Kompetenzzentrum für Kinder Jugendliche mit Autismus in Urdorf im Kanton Zürich. Sie entstand auf Initiative von betroffenen Eltern, die 1975 eine Tagessonderschule für Kinder mit Autismus gründeten. Seither hat sich die Organisation stets weiterentwickelt und als Kompetenzzentrum auch überregional mit einem breiten Angebot für Familien, in denen Autismus-Spektrum ein Thema ist, etabliert. Neben einem Sonderschulheim mit einer Tagessonderschule, einem Internat und Fahrdienst, einer Beratungsstelle und den Frühbereich betreiben wir auch einen Hilfsmittelshop und das Kurswesen step-by.

Wir pflegen einen regen Austausch mit fachlich verwandten Schulen, Beratungs- und Fachstellen im In- und Ausland. Darüber hinaus sensibilisieren wir die Öffentlichkeit für das Thema Autismus. 

Die Stiftung Kind und Autismus beschäftigt rund 100 Mitarbeitende. Sie ist nicht gewinnorientiert und unsere Arbeit finanziert sich durch Beiträge von Bund, Kantonen und Gemeinden, durch Beratungen und Kursangebote für Betroffene, Familien und Institutionen sowie durch Spenden.

 


Sie haben bereits das Kurswesen step-by erwähnt, dessen Leiterin Sie ja auch sind. An wen richtet sich das Fortbildungsangebot und was ist das Ziel des Angebotes?

 

Das Kurswesen step-by wurde im Jahr 2004 von unserer Stiftung gegründet und bietet ein großes Angebot an Weiterbildungen, Schulungen und Referaten rund um das Thema Autismus-Spektrum.  Es richtet sich an Fachpersonen aus den Bereichen Pädagogik, Agogik, Therapie, Medizin und - je nach Kurs - auch an Eltern und Begleitpersonen, die mit Menschen mit Autismus-Spektrum zusammenleben oder arbeiten. Das Angebot wird sehr gut angenommen und wir merken einfach, dass der Bedarf an Weiterbildungen zum Thema weiter steigt. Wir bieten daher auch für Schulen, Institutionen und andere Stiftungen individuelle Weiterbildungen und Kurse an, die spezifisch auf deren Bedarf und Themen abgestimmt sind. Mit diesem Angebot wollen wir auch etwas von unserer langjährigen Erfahrung weitergeben.

 


Neu im Kursprogramm ist erstmals der Grundkurs Neurofeedback, der Ende September 2022 stattfinden wird. Warum haben Sie sich entschieden Neurofeedback in Ihr Kursprogramm aufzunehmen?

 

Autismus äußert sich je nach Schweregrad und Ausprägung unterschiedlich und kann verschiedene Symptome umfassen. Dazu zählen Rückzug in eine eigene Gedankenwelt, Vermeidung von Kontakt zur Umwelt, Störungen beim Sprechen und in der Motorik, geringes Einfühlvermögen in Emotionen und Bedürfnisse anderer, stereotype Bewegungen und Verhaltensweisen sowie Vermeidung von Körperkontakt. Neurofeedback kann eine erstaunliche Wirkung bei der Behandlung dieser Begleitsymptome von Autismus erzielen.
Autismus ist nicht ursächlich heilbar, kann aber in der Stärke der Ausprägung therapeutisch behandelt werden. So unterschiedlich wie sich die Auswirkungen zeigen, so flexibel muss sich die Behandlung individuell an die Patientin bzw. an den Patienten anpassen. Zu den Bausteinen eines verhaltenstherapeutischen Behandlungsplans kann daher auch Neurofeedback zählen. Wir freuen uns darauf, den Kurs erstmals auch bei uns anbieten zu können.

 


Was sind Ihre Erfahrungen mit Neurofeedback?

 

Eltern, die ich berate und unterstütze, berichten mir, dass Neurofeedback ihrem Kind im Alltag hilft. Zum Beispiel Angst oder Wut können sich einpendeln, das Kind wird gelassener, ruhiger oder kann sich selbst besser spüren. Das Kind, die oder der Jugendliche, aber auch die Eltern, können so mehr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl entwickeln. Es hilft ihnen dabei, sich mental zu entspannen, so dass sie sich besser konzentrieren und positiver mit ihrer Umwelt interagieren können. 

 


Einmal jährlich veranstalten Sie das sogenannte Autismus-Forum. Was sind Inhalte und Ziele und was ist für dieses Jahr geplant?

 

Unser Autismus Forum bietet eine beliebte Plattform zum Thema Autismus. Wir ermöglichen die Vernetzung und den Austausch für Fachpersonen, Institutionen, Entscheidungsträgerinnen und -träger, im Autismus-Bereich tätige Personen sowie Interessierte. Das Programm deckt eine breite und aktuelle Themenvielfalt ab von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Als Referentinnen und Referenten können wir jeweils national und international ausgewiesene Fachleute begrüssen. Das diesjährige Forum findet am 11. November 2022 statt. Das Programm und die Einladung werden demnächst auf unserer Website www.kind-autismus.ch veröffentlicht.

 


Der Neurowissenschaftler Dr. Ned Sahin war ein Impulsgeber des 16. Autismus-Forum und sagte “I think I see the amazing hope that the right technology, the right neuroscience and the right humanistic approach can have for this set of potentially 70 million people”. Meinen Sie Neurofeedback kann hier einen Beitrag leisten?

 

Wir denken schon. Es ist natürlich noch ein weiter Weg. Von flächendeckenden Angeboten für Familien sind wir natürlich noch entfernt, aber einerseits nimmt das öffentliche Interesse an Autismus Spektrum zu und Familien finden Anlaufstellen. Auch wir arbeiten ja gerade auch durch unser Kursangebot daran mehr Kompetenzen und auch Netzwerke aufzubauen. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse und auch neue technologische Ansätze, die Kinder und Jugendliche fördern und auch deren Umfeld positiv unterstützen.
All diese Entwicklungen greift ineinander. Gerade auch im Neurofeedback sehen wir Potential und ich hoffe, dass Neurofeedback als ein Baustein von verschiedenen Methoden und Ansätzen viele Betroffene im Alltag unterstützen kann. 

 


Über die Stiftung Kind und Autismus

 

Die Stiftung Kind und Autismus wurde im Jahr 2000 gegründet und geht zurück auf den Verein Wehrenbach zur Förderung autistischer und anderer wahrnehmungsbehinderter Menschen, einer 1975 gegründeten Elternvereinigung. Seit ihrer Gründung betreibt die Stiftung eine Tagessonderschule mit angeschlossenem Wohnhaus für aktuell 56 Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 18 Jahren. Die Schule untersteht der Aufsicht der Bildungsdirektion des Kantons Zürich.
Seit 1994 betreibt die Stiftung zudem eine Autismus-Beratungsstelle, die Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sowie deren Familien und das erweiterte Umfeld unterstützen. Abgerundet wird das Angebot der Stiftung vom Kurswesen step-by, das Eltern, Fachleuten und weiteren interessierten Personen Kurse zum Thema ASS anbietet und jährlich ein Autismus-Forum durchführt.

 

Kontakt zum Kurswesen step-by


step-by
Frau Alberta Hildbrand
Schönenwerdstrasse 7
8902 Urdorf
Tel.: 044 736 50 70
E-Mail: step-by@kind-autismus.ch