Virtual Reality Neurofeedback
“Brille auf und abtauchen in eine andere Welt” - So oder so ähnlich wird Virtual Reality (VR) häufig beworben. Und insbesondere auch der therapeutische Nutzen und Einsatz weckt das Interesse von Wissenschaft und Forschung - gerade auch in Kombination mit Neurofeedback. So wurde jüngst eine aufsehen erregende Fallstudie veröffentlicht. Demnach zeigte sich bei einer Patientin, die unter chronischen Schmerzen litt eine Verbesserung der Symptome um 40% nach nur 20 Sitzungen mit ILF VR Neurofeedback. Details dazu und warum VR auch so interessant für Neurofeedback sein kann, behandelt dieser Artikel.
Was ist eigentlich “Virtual Reality”?
Als virtuelle Realität werden in der Regel computergenerierte Umgebungen bezeichnet. Was sie dabei so besonders macht, ist die Interaktivität. Der Benutzer kann durch die Bewegungen, die er oder sie in der realen Welt durchführt, auch durch die virtuelle Welt navigieren. Die virtuelle Realität wird über eine VR-Brille mit integrierten Bildschirm erzeugt. Anders als bei einer 3D Brille, die es durch spezielle Filter lediglich ermöglicht bestimmte Animationen plastischer wahrzunehmen, “betritt” man mittels VR Brille eine virtuelle Welt, die sich direkt vor den eigenen Augen auftut und mit der man interagieren kann.
Hebt man beispielsweise den Kopf, verändert sich der Bildausschnitt, so wie es auch in der realen Welt der Fall wäre. Durch weitere Controller und Sensoren, die Bewegungen erfassen und in die virtuelle Umgebung übertragen, ist es auch möglich durch die virtuelle Welt zu laufen, Treppen zu steigen und sogar komplexere Aufgaben zu lösen. VR wird daher häufig mit einem Videospiel verglichen, nur dass man nicht vor dem Bildschirm sitzt und über Controller eine Figur steuert, vielmehr IST man diese Figur. Einsatzgebiete für VR erschließen sich daher u.a. in allen Bereich wo es darum geht Erfahrungen in geschützten Räumen zu simulieren. So nutzt man VR beispielsweise bereits beim Flugsimulationstraining in der Pilotenausbildung, für Visualisierungen in der Medizin oder für virtuellen Trainings. Und auch der therapeutische Einsatz ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, meist unter dem Begriff “virtuelle Rehabilitation”.
Die Feedback Animationen im Neurofeedback - mehr als nur Videospiele
Feedback-Animationen nehmen im Neurofeedback einen zentrale Stellenwert ein. Sie visualisieren, was dem Gehirn zurückgespiegelt werden soll.
Die ersten Neurofeedback Animationen waren dabei sehr einfach. Meist waren es Balken, die sich je nach EEG Frequenz in ihrer Höhe veränderten. Und sogar heute noch - mehr als 30 Jahre später - sind bei manchen Verfahren noch sehr einfache Animationen gängig, bei denen sich beispielsweise Objekte einfach nur auf und ab bewegen.
Die technischen Möglichkeiten sind jedoch weitaus größer. Feedback-Games wie InnerTube© oder Tropical Heat© ermöglichen es, Animationen gleich eines Videospiels zu erleben. Beim ILF Neurofeedback sind dabei teilweise bis zu 14 Parameter in einer Animation versteckt - von Farbnuancen, die sich subtil ändern, über die Geschwindigkeiten und Bewegungen von Objekten im Vorder- und Hintergrund bis hin zur Helligkeit. Zudem bietet die Cygnet Neurofeedback Software mit ein besonders breites Spektrum an unterschiedlichen Animationen, was es erlaubt, diese individuell auf den Patienten abzustimmen. Das fördert die Motivation und Vorfreude auf die Neurofeedback-Sitzungen, die Therapie ist abwechslungsreich und nicht zuletzt können Patienten so aktiv an Therapieentscheidungen teilhaben.
Aber nicht nur die Optik der Spiele und ihre graphische Umsetzung haben sich mit der Zeit verändert. Neurofeedback mit Bild und Ton hat sich etablieren. Durch die Hinzunahme von taktilem Feedback, beispielsweise den Brummi©, der Vibrationen weiter gibt, werden bereits die drei Sinne Sehen, Hören und Fühlen, in die Feedback-Verarbeitung einbezogen. Durch VR geht nun auch darüber hinaus und ermöglicht dreidimensionales Feedback.
VR in der Neurofeedback Forschung
Bereits zu Beginn der 2000er Jahre zeigten ersten Untersuchungen, dass dreidimensionalen Neurofeedback Animationen zu einem verbesserten Therapie-Ergebnis führen können und auch zu einer höheren Patientenmotivation. Es gilt die These: je mehr Modalitäten durch die Feedback Animation angesprochen werden, desto wirksamer kann die Neurofeedback Intervention sein (Othmer & Kaiser, 2000).
Die Art des Feedbacks hat also einen Einfluss auf die Qualität und Ergebnisse der Therapie haben. Studien konnten beispielsweise auch zeigen, dass Feedback Animationen in Form eines Videospiels zu effektiveren Ergebnisse als nur audio-visueller Content führt (Hafeez et al., 2019). Untersuchungen mit VR Neurofeedback weisen auf größeren Lernerfolg sowie größere Erfolge in der Verbesserung von Unaufmerksamkeit und Impulsivität auf als zweidimensionale Neurofeedback Verfahren (Berger & Davelaar, 2018; Cho et al., 2004). Nicht nur Aufmerksamkeit, auch Entspannung konnte erfolgreich mit VR Neurofeedback trainiert werden (Gu & Frasson, 2017).
VR Neurofeedback kann also die Motivation, Interesse und auch das Kontrollerleben der Patienten während der Therapie erhöhen. Dies natürlich nur, wenn Patienten dieser Technologie selbstbewusst und offen gegenüber eingestellt sind (Kober et al., 2016).
Der Einsatz virtueller Realität im therapeutischen Umfeld kann daher hilfreich sein, insbesondere um den Transfer der erlernten Fähigkeiten aus der therapeutischen Situation in den Alltag zu erleichtern (Blume et al., 2017; Hudak et al., 2017). Dies steht zwar bei Neurofeedback nicht im Fokus, da durch das Training der Selbstregulationsfähigkeit persönliche Ressourcen situationsübergreifend gestärkt werden. Nichtsdestotrotz kann es für das Selbstwirksamkeitserleben der Patienten förderlich sein, erworbene Fähigkeiten in virtuellen Realitäten therapeutisch begleitet zu erproben. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Angststörungen und Phobien. Hier kann beispielsweise in der virtuellen Realität eine schrittweise Annäherung mit dem angstauslösenden Reiz stattfinden; oder auch bei posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch bei ADHS kann der Einsatz sinnvoll sein, um beispielsweise in der Therapie gezielt mit Situationen aus der problematischen Lernumgebung arbeiten zu können.
ILF VR Neurofeedback bei chronischen Schmerzen
Besondere Aufmerksamkeit erfährt derzeit auch eine erst kürzlich erschienene Fallstudie, in welcher eine 55 jährige Patientin mit chronischen Schmerzen mit VR ILF Neurofeedback behandelt wurde. Nach 20 Sitzungen ILF VR Neurofeedback berichtete diese von einer Verbesserung ihrer Schmerzen um 40%. Die Bewertung des subjektiven Schmerzempfindens durch die Patienten nahm im zeitlichen Verlauf der Therapie und in den Follow-Up Erhebungen noch weiter ab. Ein Jahr nach Beendigung der Therapie gab die Patienten eine Verbesserung des Schmerzempfindens um 80% an. Ebenso berichtete sie von einer Verbesserungen des allgemeinen Befindens und dem besserem Zurechtkommen mit alltäglichen Aktivitäten. Zudem haben sich Symptome von Depression und Angstzuständen verbessert sowie die Schlafqualität (Orakpo, Vieux & Castro-Nuñez, 2021) .
VR in der Neurofeedback Praxis
VR ILF Neurofeedback ist ein sehr vielversprechender Ansatz. Abhängig von den individuellen Aspekten des Patienten, Präferenzen, Bedürfnissen und natürlich den Therapiezielen und der Symptom-Erhebung, kann es aber eine sehr interessante, weitere Option für Patienten sein.
Zwar verbinden immer noch viele Menschen die VR Brille als etwas, das sich nur für technische Enthusiasten eignet. Die Anwendung ist aber einfach. Und mit unseren Neurofeedback-Systemen kann mal leicht in diese spannende Technik einsteigen. Die Cygnet Neurofeedback Softwar hat bereits ein VR Modul mit tollen Animationen für VR. Und auch der Einsatz beispielsweise in der Expositionstherapie oder dem Lerntransfer in den Alltag, wo gerade auch die Kombination mit Neurofeedback Chancen eröffnet, verbreitet sich immer mehr.
Kostenloses Webinar VR Neurofeedback
Am 17 Juni 2021 um 18.00 Uhr können Sie noch mehr dazu erfahren. Dr. rer. Nat Meike Wiedemann bietet dann ein kostenloses Webinar und zeigt anhand zahlreicher Fallbeispiele aus therapeutischen Praxis, wann sie VR ILF Neurofeedback einsetzt und wie einfach man die VR Brille in das Therapie-Geschehen integrieren kann.
Weitere Infos zu VR finden sich auch hier auf einer Themenseite der ARD.
Referenzen
Berger, A.M. & Davelaar, E.J. (2018). Frontal alpha oscillations and attentional control: A virtual reality neurofeedback study. Neuroscience,378, 189–197.
Blume, F., Hudak, J., Dresler, T., Ehlis, A.-C., Kühnhausen, J., Renner T. & Gawrilow C. (2017). NIRS-based neurofeedback training in a virtual reality classroom for children with attention-deficit/hyperactivity disorder: Study protocol for a randomized controlled trial. Trials,18 (1), 41.
Cho, B. H., Kim, S., Shin, D. I., Lee, J. H., Min Lee, S., Young Kim, I., & Kim, S. I. (2004). Neurofeedback training with virtual reality for inattention and impulsiveness. Cyberpsychology & Behavior, 7(5), 519-526.
Gu, G. & Frausson, C. (2017). Virtual sophrologist: a virtual reality neurofeedback relaxation training system. In International Conference on Brain Function Assessment in Learning (pp. 176-185). Springer.
Hafeez, Y., Ali, S. S. A., Mumtaz, W., Moinuddin, M., Adil, S. H., Al-Saggaf, U. M., ... & Malik, A. S. (2019). Investigating Neurofeedback Protocols for Stress Mitigation: A Comparative Analysis of Different Stimulus Contents. IEEE Access, 7, 141021-141035.
Kober, S. E., Reichert, J. L., Schweiger, D., Neuper, C., & Wood, G. (2016). Effects of a 3D virtual reality neurofeedback scenario on user experience and performance in stroke patients. In International Conference on Games and Learning Alliance (pp. 83-94). Springer.
Hudak, J., Blume, F., Dresler, T., Haeussinger, F. B., Renner, T. J., Fallgatter, A. J.,... & Ehlis, A. C. (2017). Near-infrared spectroscopy-based frontal lobe neurofeedback integrated in virtual reality modulates brain and behavior in highly impulsive adults. Frontiers in human neuroscience, 11, 425.
Orakpo, N., Vieux, U. & Castro-Nuñez, C. (2021). Case Report : Virtual Reality Neurofeedback Therapy as a Novel Modality for Sustained Analgesia in Centralized Pain Syndromes. Frontiers in Psychiatry, 12, 3-7.
Othmer, S. & Kaiser, D. (2000). Implementation of Virtual Reality in EEG Biofeedback. Cyberpsychology and Behaviour, 3 (3), 415-420.