BEE Medic: Muss für das Synchronie-Training auch vorher ILF Neurofeedback gemacht werden?
Meike: Das ILF-Training stellt immer die Basis dar, das Synchronie-Training baut darauf auf. Wenn die Personen einen tollen Effekt haben, dann behält man das entsprechenden Synchronie Training natürlich bei und entscheidet danach evlt. ‘Okay, jetzt möchte ich doch noch tiefer in diese ganze Psychodynamik eingreifen und noch mehr Dinge auch verarbeiten’. Dann kann im Anschluss daran auch noch das Alpha-Theta-Training durchgeführt werden. Das ist natürlich wie immer sehr individuell. Einige Patient:innen kommen super damit zurecht und haben das Gefühl geerdet und bei sich zu sein, was bei vielen Patient:innen komplett verloren gegangen ist. Wenn wir das mit dem Training erreichen, dann ist das fantastisch und dann muss man auch nicht unbedingt zum Alpha-Theta-Training übergehen. Manche Patient:innen sprechen beispielsweise sehr gut auf das Synchronie-Training an, wohingegen sie beim Alpha-Theta sagen:”War schön entspannt, aber mehr ist nicht passiert” - bei wieder anderen Patient:innen kann es natürlich auch andersrum sein. Der/die Therapeut:in darf dann zusammen mit den Patient:innen austesten, welches Training jeweils am Besten geeignet ist.
BEE Medic: Du hast synchrone Zustände erwähnt. Was versteht man darunter?
Meike: Synchron bedeutet im Prinzip, dass sich an verschiedenen Orten im Gehirn, also rechts und links oder vorne und hinten, die Erregungsmuster ähneln. Ich will jetzt nicht sagen, dass sie genau die gleichen Erregungsmuster haben, aber wenn wir in einem Trainingsband bspw. Alpha trainieren, dann sind die Amplituden des Feedbacks umso höher, je mehr auf beiden Seiten zur gleichen Zeit das Gleiche gemacht wird - also wirklich gleichzeitig in einem regelmäßigen Muster schwingen. Das heißt, wenn bei einer Abeleitstelle die Amplitude hochgeht, geht sie an der anderen Stelle auch hoch und wenn sie an der einen Stelle runter geht, geht sie auch an der anderen Stelle wieder runter. Das kann man sich wie zwei Sinuskurven vorstellen, die genau in Phase sind, so sagt man auch dazu. Und desynchron würde heißen, sie sind aus der Phase raus oder im Extremfall auch gegenphasig. Mit dem ILF-Wachtraining fördern wir die Gegenphasigkeit, während wir mit dem Synchronie- und dem Alpha-Theta-Training die In-Phase-Aktivität fördern, da in den beiden letztgenannten mehr Ruhe-Rhythmen sind.
BEE Medic: Mit welchen Patient:innen machst Du das Synchronie-Training?
Meike: Ähnlich wie beim Alpha-Theta-Training kann jede Person davon profitieren, die es verträgt. Dieses Gefühl, bei sich zu sein, geerdet zu sein, gelassen zu sein, sich wohlzufühlen, mit sich selbst im Reinen zu sein und sich im Umgang mit anderen Menschen wohlzufühlen, das können wir alle brauchen. Das 40 Hertz Training beispielsweise, welches mehr präfrontal stattfindet, geht eher in meditative Bereiche. Für manche Personen ist es wirklich eine Methode den Kopf leer zu kriegen, sodass da wirklich gar keine Gedanken sind.
Also ziemlich ähnlich zu dem, was wir auch bei manchen Zuständen von Meditation erleben können. Und wie gesagt, alle Patient:innen, mit denen ich im späteren Verlauf ins Alpha-Theta-Training gehen möchte, würden als Vorbereitung darauf das Synchronie-Training machen. Personen, die das Training nicht vertragen, könnten jene sein, die noch sehr instabil sind. Auch hier braucht man wieder die Vorbereitung mit dem ILF-Training, um zu vermeiden, dass Zustände getriggert werden, die für die Patient:innen unangenehm sind. Das kann passieren, wenn zu wenig ILF-HD-Training gemacht wird, weil das Gehirn dann in den synchronen Zuständen in eine Art Ressonanz-Katastrophe geht und das dann zu Instabilitäten, wie zum Beispiel Migräneanfälle, Panikattacken oder Dissoziation triggern. Personen, die noch nicht richtig loslassen und die Kontrolle abgeben können, profitieren dann nicht so vom Synchronie-Training, weil sie sich innerlich dagegen wehren und sich noch nicht darauf einlassen können.
BEE Medic: Synchronie-Training oder Alpha-Theta-Training setzt man nicht bei speziellen Erkrankungen ein, sondern man entscheidet von Person zu Person, ob man noch diese Entspannungs- und Meditationsphasen machen möchte, oder nicht?
Meike: Im Prinzip machen wir nach der ausführlichen Anamnese und dem Symptom-Tracking einen Behandlungsplan, anhand der Symptomatik, der Entwicklungsgeschichte, hier vor allem auch anhand der Probleme, die die Personen beschreiben oder Ziele, welche die Personen erreichen möchten. Mit Behandlungsplan planen wir welche Art von Training sinnvoll sein kann, zum Beispiel mit welchen Trainings Positionen wir die Symptome und Ziele angehen möchten Und dann haben wir aber schon auch von vornherein die Idee, da könnte Synchronie gut sein, oder da könnte Alpha-Theta gut sein. Ob es dann im Verlauf des Trainings wirklich noch notwendig ist, oder ob die Personen schon glücklich mit dem ILF-HD Wachtraining sind, das kann man erst später im Verlauf des Trainingsprozesses entscheiden. Es kommt auch immer darauf an, was der Mensch will. Meiner Meinung nach ist man nie fertig mit der Persönlichkeitsentwicklung oder mit der Arbeit an sich selbst. Aber letztendlich entscheidet die Person und sagt: “‘Ja, das Problem ist weg, ich bin sehr zufrieden. Danke!” Und dann kann man gemeinsam beschließen, ob man an dieser Stelle Schluss macht oder nicht. Man kann es also den Personen anbieten als weiteren Schritt. Und das ist individuell unterschiedlich und ist nicht die Aufgabe der Therapeut:innen, sondern das entscheiden die Personen. Manche sagen: “So ich bin jetzt zufrieden, so habe ich mir vorgestellt und hier machen wir Schluss”, andere sagen: “Nö, jetzt fange erst richtig an, ich will jetzt wissen, was noch möglich ist”.
BEE Medic: Welches Training wendest du auch gerne bei dir selbst an?
Meike: Ich mache jetzt schon seit ca. 25 Jahren Neurofeedback und habe auch ganz früh mit dem Alpha-Theta-Training begonnen. Je nachdem, was wir für neue Entwicklungen haben, habe ich immer ein Lieblings-Training. Jahrelang war Alpha-Theta mein Lieblings-Training, bis wir dann das Synchronie-Training entwickelt haben. Eine Zeit lang habe ich auch sehr gerne mit dem 40-Hertz-Training gearbeitet, weil es für mich immer wie ein super meditativer Zustand war, in welchem der Kopf total klar und frei ist und ich den Körper gar nicht mehr wahrnehme, das Gefühl der Präsenz in dem Moment ist super angenehm. Dann gibt es noch das 0,05-Hertz-Training, welches ich kennengelernt habe, als ich zu Besuch bei den Othmers in den USA war.
Und seitdem war das mein Lieblings-Training, weil es mir eigentlich all das gebracht hat, was ich früher schon immer gelesen habe, was das Alpha-Training anscheinend so machen soll. Also wenn ich jetzt nur vom Neurofeedback spreche, wechselt das zwischen Alpha-Theta, dem Synchronie Midline und 40 Hertz. Das sind so meine 3 Favoriten.
BEE Medic: Gibt es irgendwas, was du abschließend zu Alpha Theta oder Synchronie noch sagen möchtest?
Meike: Was ich immer gerne zum Schluss mitgebe und das merke ich auch in den Kursen, die wir machen, ist, dass sich die Neurofeedback Therapeut:innen leider viel zu wenig um sich selbst sorgen. Im Großen und Ganzen wäre es nicht nur für die Therapeuten selber, sondern auch für ihre Umwelt und ihre Patient:innen gut. Zum Abschluss würde ich den Therapeut:innen nahelegen wollen: Es ist so einfach und es ist so gewinnbringend, wenn ich die Methoden zur Verfügung habe. Und klar, was ich immer höre: “Erst kommen alle anderen und dann komme ich” und dann sage ich mal: “Bitte, bitte, kümmert euch auch um euch selbst und macht es für euch selbst." Das Synchronie- und Alpha-Theta-Training bringen einen dann auch wirklich in der Persönlichkeitsentwicklung ein Stück weiter, da sie wirklich auf ganz tiefer Ebene entspannen, beruhigen und die Gelassenheit fördern, was uns als Therapeut:innen sowohl im Alltag als auch im Umgang mit unseren Patient:innen gut tut.
BEE Medic: Vielen Dank Meike für deine Zeit und diesen wertvollen Input!
Ein Interview mit Meike zum Thema Alpha-Theta Training finden Sie hier.